In Kirchseeon tagt der Gemeinderat pandemiebedingt in der ATSV Halle. Die Gemeinderäte haben sich auch mit der Stimme der FDP dafür eingesetzt, dass kein Not- bzw. Ferienausschuss eingesetzt wird, sondern dass stattdessen das Hygienekonzept noch weiter ausgearbeitet und verschärft wird, so dass wir weiterhin in normaler Besetzung alle drei Wochen tagen können. Hierbei bestand parteiübergreifend Einigkeit darüber, dass in den Phasen hoher Inzidenz nur das unbedingt abzuhandelnde – vornehmlich Bauanträge und der Haushalt – auf die Tagesordnung gesetzt werden sollen. Politische Fragen waren demgemäß in den ersten Monaten 2021 etwas ausgebremst und tauchen trotz allem immer wieder überall auf. Auch wenn die FDP nur eine fraktionslose Gemeinderätin stellt, kann auch mit einem Sitz etwas bewegt werden.
1. Unternehmensbeteiligungen der Gemeinde
Viele Gemeinden im Landkreis Ebersberg, so auch die Gemeinde Kirchseeon haben ihr Stromnetz in eine Betreibergesellschaft, die Eberwerk GmbH & Co. KG eingebracht. Nunmehr sollen weitere Projektgesellschaften gegründet werden, um einzelne Projekte der Energiewende im Landkreis darin auszugliedern. So zum Beispiel den Bau einer PV Anlage bzw. eines Stromspeichers in Markt Schwaben.
Die Gemeinde selbst ist an der Muttergesellschaft nur Minderheitsgesellschafter, ein systematisches Beteiligungsmanagement wird nicht durchgeführt, besondere privatwirtschaftliche Kompetenz ist an keiner Stelle der Gemeinde gebündelt. Vertreter der Gemeinde und Aufsichtsräte sind personenidentisch.
Wir als Gemeinderäte sollen über die Ausgründung entscheiden und erhalten trotzdem keinerlei wirtschaftliche Informationen wie zum Beispiel Wirtschafts- und Investitionsplanungen bzw. Details wie der Gesellschaftsvertrag ausgestaltet wird, um zu überprüfen, wie gewährleistet ist, dass die nominelle Minderheitsbeteiligung im Verhältnis zu einem externen Partner beispielsweise beim Stimmverhältnis wieder ausgeglichen wird etc. Die FDP hat durch diverse Anfragen und Nachfragen versucht hier Licht ins Dunkle zu bringen und immer wieder darauf hingewiesen, dass zumindest eine Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen durch die Gemeinde stattzufinden hat.
Wir von der FDP sehen diese Entwicklung rund um das privatwirtschaftliche Engagement in der Energiewende aufgrund der konkreten Ausgestaltung auch aus rechtsstaatlicher Sicht sehr kritisch. Die nach unserer Ansicht gesetzlich vorgeschriebene Prüfung durch die Gemeinde findet nicht statt, es wird auch bei der Beantwortung von Anfragen stets auf die Muttergesellschaft und von dieser auf den dortigen Gesellschaftsvertrag verwiesen. Auch der Zweck; erreichen der Energiewende sowie Klimaschutz rechtfertigt aus rechtsstaatlicher Sicht nicht jedes Mittel und auch kein Achselzucken bzw. kein bayerisches „ja mei“, weil das gesamte Konstrukt für die Verwaltung und den Gemeinderat zu kompliziert ist. Durch die Möglichkeit des Staates auch privatwirtschaftlich zu handeln folgt nicht zwingend, dass hierbei die Organe der Gemeinde ausgebremst werden und auf Transparenz verzichtet wird. Das Privatrecht ist hier prinzipiell offen für andere Gestaltungen. Trotzdem werden aktuell die Gremien der Gemeinden und damit der Gemeinderat durch die Satzung dieser Gesellschaften ausgebremst, Transparenz wird nicht gelebt, Nachfragen nur rudimentär beantwortet, Verträge mit Geheimhaltungsvereinbarungen abgeschlossen. Auch unter dem Blickwinkel, dass lästige Vergabeverfahren gerade bei der Wahl des Projektpartners potentiell umgangen werden können, ist diese konkrete Entwicklung vor Ort rund um den Klimaschutz und die Energiewende – nämlich die Flucht des Staates in die Privatwirtschaft – besorgniserregend.
Nach Ansicht der FDP im Gemeinderat müssen sämtliche Projekte der Energiewende unter dem Vorbehalt stehen, dass der Staat diese nur solange es keinen funktionierenden Markt gibt anschieben darf, nicht jedoch dauerhaft die Rolle eines Unternehmers ausführen soll. Nach Meinung der FDP ist und war der Staat noch nie der bessere Unternehmer, wie auch die aktuelle Krise zeigt. Als Partei des Rechtsstaates möchten wir in Kirchseeon sicherstellen, dass auch bei der Energiewende alles mit rechten Dingen zugeht und der Staat nicht in Konkurrenz zur Privatwirtschaft tritt bzw. als Sicherheit für ein Privatunternehmen dient. Deshalb werden wir auch in Zukunft hier genau hinsehen und notfalls unbequem bleiben.
2. Leistungsfähigkeit des Stromnetzes
Aufgrund einer angekündigten Zinssenkung durch die Bundesnetzagentur ist wohl der weitere Ausbau der Stromnetze durch die kommunale Betreibergesellschaft gefährdet. Auf Antrag der FDP im Gemeinderat wird nunmehr geklärt, welche Ausbaumaßnahmen in den letzten Jahren seit Übernahme der Stromnetze durch die private Gesellschaft Eberwerk GmbH & Co KG im Markt Kirchseeon vorgenommen worden sind und welche geplant sind, da das Stromnetz und dessen Leistungsfähigkeit ein wichtiger Baustein der Energiewende ist. Hier gilt es nunmehr nach Ansicht der FDP sicherzustellen, dass alle beteiligten Gemeinden anteilsmäßig von einer Ertüchtigung des Stromnetzes profitieren können und nicht nur diejenigen Gemeinden, wo sich angesichts größerer Neubauvorhaben ein akuter Bedarf zeigt, denn solche hat der Markt Kirchseeon aktuell nicht.
3. Bäume – und Baumschutzsatzung
Nach einem Jahr FDP im Gemeinderat kann festgehalten werden, dass Bäume in der politischen Auseinandersetzung vor Ort in Kirchseeon der aktuelle Trend und ein hoch emotionales Thema sind.
Wir als FDP sehen diesen Punkt weniger emotional. Der Markt Kirchseeon verfügt über eine Satzung zum Schutz ortsprägender Bäume, die nicht nur nach Ansicht der FDP unwirksam ist.
Auf Antrag der Grünen und SPD im Gemeinderat soll im März über die Einführung einer Baumschutzsatzung, die alleine auf den Stammumfang abstellt, entschieden werden. Mit einer solchen Satzung wird erheblich in die Eigentumsfreiheit und die allgemeine Handlungsfreiheit der Kirchseeoner Bürger eingegriffen. Wir finden hier wird von unseren Mitbewerbern auch mit zweierlei Maß gemessen. Dem Bürger wird etwas überbürdet – nämlich die eingeschränkte Nutzung seines Grundstückes – zu dem es weniger einschneidende Maßnahmen gibt, wofür aber die Gemeinde bzw. der Gemeinderat aktiv werden müssten.
Gerade im Markt Kirchseeon gibt es verhältnismäßig wenig öffentliches Grün, Bauträgern wird bei vorhabenbezogenen Bebauungsplänen ohne Bedingungen der rote Teppich ausgerollt obwohl sie durch die Überplanung einen Wertzuwachs erhalten, Bebauungspläne ohne oder mit nur wenigen Festsetzung von Anpflanzungen verabschiedet.
Ausnahmen und Befreiungen von Bebauungsplänen im Bereich von Einfriedungen werden zugunsten von Baumarktzäunen aus WPC und Aluminium vom Gemeinderat – gerade auch von SPD und Grünen – ohne Rücksicht auf klimatische Erwägungen, Nachhaltigkeit und des Ortsbildes durchgewunken, obwohl die Bebauungspläne im Markt oftmals gerade die Anpflanzung von höheren Hecken als Alternative zu niedrigeren Zäunen vorsehen.
Hier wird nach Ansicht der FDP viel Potential zum Schutz von Flora und Fauna, Ortsbild und Kleinklima ungenutzt verschwendet, obwohl es konkret das weniger einschneidende Mittel im Verhältnis zu einer Baumschutzsatzung ist.
Die FDP wird sich im Gemeinderat für mehr öffentliches Grün z.B. entlang der Straßen, für mehr Festsetzungen von (einheimischen und für Insekten nützlichen) Bäumen und Hecken in der Bauleitplanung sowie für eine strategische Planung von Grün- und Frischluftschneisen bei der Ortsentwicklung einsetzen und sich gegen die Einführung einer Baumschutzsatzung aussprechen. Erforderlichenfalls sind einige wenige ortsprägende Bäume zu schützen und diese Bäume auch zur eindeutigen Bestimmbarkeit in ein Baumschutzkataster mit aufzunehmen. Wir sehen in der Gängelei der Kirchseeoner Bürger durch bevormundende Ge- und Verbote keinen Vorteil bei der Erreichung der gemeindlichen Ziele.
4. Verpflichtung für PV Anlagen auf Dächern
Auf Antrag der Grünen sollte eine Verpflichtung festgesetzt werden, dass zwingend auf Kirchseeons Dächern PV Anlagen zu errichten sind. Wir haben uns dafür eingesetzt, dass dieser nach unserer Ansicht zudem rechtswidrige Antrag in dieser Form abgelehnt worden ist. Abgesehen von grundsätzlichen rechtsstaatlichen Bedenken gegen diesen Antrag ist nach unserer Ansicht Klimaschutz und die Energiewende auch auf unterster Ebene nur durch eine Technologieoffenheit zu erreichen. Eine Verpflichtung zu Gunsten von PV Anlagen ist im Einzelfall geeignet Blockheizkraftwerke, Geothermieanlagen etc. zu verhindern bzw. diese oder die PV Anlage unwirtschaftlich zu machen. Kirchseeon verdichtet zudem nach. Oftmals werden Neubauten kleinteilig in Grundstücke eingefügt. Nicht immer ist die Dachneigung und die konkrete Ausgestaltung des Baukörpers für eine PV Anlage geeignet. Eine verpflichtende PV-Anlage führt dazu, dass trotz Wohnraummangel manchmal eine Nachverdichtung nicht möglich sein könnte, dass das Bauen noch teurer wird und kann im Einzelfall den gewünschten Ausbau des Dachgeschosses und damit einhergehender Gauben verhindern. Insgesamt wird für uns der Kirchseeoner Bürger durch eine derartige Vorschrift unzumutbar in seinen grundrechtlichen Handlungsfreiheiten eingeschränkt.
Susanne Markmiller FDP Gemeinderätin